Change Management: Die fünf Phasen der Veränderung

Welche Phasen sollte ein Change Prozess durchlaufen, um erfolgreich zu sein? Dieser erste Artikel der zweiteiligen Serie "Change Management" gibt einen Überblick über die wichtigsten Schritte eines nachhaltigen Veränderungsprozesses. In Teil zwei erfahren Sie mehr über die Tipps für eine erfolgreiche Implementierung des Wandels.

"Houston - wir haben (k)ein Problem”

Warum gehen erfolgreiche Konzerne scheinbar überraschend pleite? Hat das Management nicht weitsichtig strategisch geplant? War die Veränderung des Marktes nicht langfristig absehbar? Warum wurde nicht frühzeitig auf die neuen Herausforderungen reagiert? Machen wir es konkret: Wieso ist Nokia quasi komplett als Handy-Anbieter vom Mobilfunkmarkt verschwunden, obwohl sich viele von uns noch gut an ihr Nokia 3210 erinnern können? Marktentwicklungen und die resultierenden Bedrohungen wurden nicht ernst genug genommen. Die Unternehmenssituation war zu komfortabel. Warum sollte man etwas ändern, wenn die Ergebnisse stimmen? Wird uns dieser neue Trend wirklich betreffen? Haben wir nicht schon ganz andere Herausforderungen überstanden?

 

Genau hierin liegt die Crux: Menschen, ob privat oder als Manager eines Unternehmens, benötigen einen hohen Leidensdruck, um die Notwendigkeit zur Veränderung zu sehen. Doch selbst wenn das Problem gesehen wird, belegen wissenschaftliche Studien, dass dieses gern ignoriert und verdrängt wird, wenn kein Lösungsansatz in Aussicht ist. Verdrängung als Antwort auf mangelnde Hoffnung ist eine gefährliche Kombination. Wenn der Leidensdruck  deutlich spürbar wird und nicht mehr geleugnet werden kann, ist es, wie das Beispiel von Nokia aber auch der digitalisierungsbedingte Einbruch der Firma Leica zeigen, häufig fast zu spät. Als Leica sich der Trendwende im Kameramarkt, bedingt durch den Erfolg der Digitalfotografie, bewusst wurde, hatten sie massiven Handlungsdruck um ihr Geschäft zu retten. Die Umsätze sind eingebrochen, die Kehrtwende des Unternehmens war dringend nötig.

Werden Sie sich der Herausforderung bewusst

Was können Sie tun, um ein ähnliches Schicksal zu vermeiden und Ihr Unternehmen frühzeitig zum Wandel zu motivieren? Rein rationale Argumente werden in den seltensten Fällen ausreichen, um die Organisation von der Notwendigkeit zu überzeugen, den scheinbar erfolgreich eingeschlagenen und gewohnten Kurs zu verlassen. Deshalb empfiehlt es sich, die Bedrohung transparent zu machen. Kommunizieren Sie nicht rein rational, sondern legen Sie klar da, welche Bedrohungen Sie sehen. Nur wenn dieser emotionale Funke auf Ihre Organisation überspringt, kann der Veränderungsdruck verstanden und damit gearbeitet werden.

5 Schritte des Change Managements

Dem Modell von Hicks/Peterson/Schmidt folgend, müssen fünf Stufen durchlaufen werden, um aus einem Veränderungsbedarf eine Veränderung zu initiieren.

Abb.1: Ein erfolgreicher Veränderungsprozess muss 5 Phasen durchlaufen  (in Anlehnung an Hicks, Peterson 1999/Peterson 2002/Schmidt 2008)

Aus dem Bewusstsein der Notwendigkeit des Wandels, dem bereits beschriebenen Handlungsdruck, muss eine Motivation generiert werden. Welche Motivation existiert in der Organisation, wirklich in die Weiterentwicklung zu investieren und Veränderungen anzustoßen? Welche Wege werden gesehen? Diese Phase stellt sich häufig als Engpass auf dem Weg zum Change heraus. Hier geht es um den persönlichen Antrieb jeder von der Veränderung betroffenen Person, zu unterstützen, statt den Change durch eigenen Widerstand zu erschweren. Diese Schwierigkeit verdeutlicht ein Blick auf die typisch anzutreffende Verteilung der Positionen in Change Management-Prozessen: Nur etwa 15 % der Betroffenen stehen laut empirischen Erhebungen als aktive Promoter uneingeschränkt hinter Veränderungsvorhaben1. Somit müssen in etwa 85 % durch aktives Change Management abgeholt und motiviert werden. 

 

Ist diese Hürde überwunden, gilt es, die Befähigung der Betroffenen zu klären: In welchem Maße existieren die Kompetenzen, um die notwendigen Veränderungen sowie die resultierenden Anforderungen umzusetzen? Die Frage des Wissens ist ein zentraler Schlüssel zum Erfolg, denn wenn man sich der eigenen Stärken und Schwächen im Unternehmen bewusst wird, ist die Lösung durch Trainings und Coaching oder die Einbeziehung externer Unterstützung gut zu erarbeiten. Auf individueller Ebene muss sichergestellt werden, dass die betroffenen Mitarbeiter ihre neue Rolle entsprechend ausfüllen können. 

 

Damit einher geht die Frage nach den Möglichkeiten. Können die geplanten Schritte operativ umgesetzt werden? Existieren bereits die notwendigen Rahmenbedingungen wie z.B. Entscheidungskompetenzen oder strategische Leitplanken? 

 

Abschließend sollte sichergestellt werden, dass positive Veränderungen gemessen und verstärkt werden. Wird die neue Vorgehensweise akzeptiert und angewendet oder fallen Teile der Organisation zurück in alte Muster? Hören Sie typische Aussagen wie “mit der alten Arbeitsweise ging es viel schneller”, dann sollten Sie genau hinschauen, um die Gründe des Widerstandes zu verstehen. Durch  Sichtbarmachen der Erfolge des Wandels sowie notwendige Korrektive können die Verbesserungen nachhaltig in der DNA des Unternehmens verankert werden. Um die Reaktion der Organisation jederzeit aufnehmen zu können, sind Feedbackmechanismen von zentraler Bedeutung.

Widerstand als Zeichen des Erfolgs

Der wohl wichtigste Erfolgsfaktor der Veränderung: Begleiten und führen Sie den Prozess durch alle Phasen und arbeiten Sie mit dem aufkommenden Widerstand. Widerstand ist als Reaktion auf die Aktion zu verstehen. Natürlich wünscht sich jeder so viel Unterstützung wie möglich, aber kein Feedback zu bekommen, ist in jeder Art von Beziehung die schlimmste Situation. Physikalisch betrachtet ist Widerstand sogar Ihre einzige Möglichkeit, um sich vorwärts zu bewegen - denken Sie nur an die Wirkung zwischen Reifen und Straße. Dabei ist es wichtig, dass Sie am Widerstand und nicht gegen ihn arbeiten. Versuchen Sie zu ergründen, woher die Gegenwehr kommt, welche Beweggründe und Ängste dahinter stehen und wie Sie diese beseitigen können. Change Management ist in erster Instanz emotionale und persönliche Überzeugungsarbeit der Menschen. Nutzen Sie Widerstand als Stimmungsbarometer Ihrer Organisation und sehen Sie ihn als Chance, das Unternehmen und Ihre Mitarbeiter noch besser kennenzulernen.

Weitere Tipps & Tricks für einen erfolgreichen Change Prozess lesen Sie in unserem Artikel "Change Management - Warum die Planung der Implementierung die halbe Miete ist".

Quellen:

1Niko Mohr; Jens Marcus Woehe: Widerstand erfolgreich managen. Professionelle Kommunikation in Veränderungsprojekten. 1998

 

 

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